lundi 28 mars 2016

Imperialistische politische Strafjustiz (1)

jW, 26.3.2016:

Am 24. März 1999 begann der völkerrechtswidrige Angriffskrieg der NATO zur endgültigen Zerschlagung des ehemaligen Vielvölkerstaats Jugoslawien. Am 24. März 2016 verurteilte das Jugoslawien-Tribunal in Den Haag den montenegrinischen Serben Radovan Karadzic zu 40 Jahren Gefängnis.
Sieger lieben Symbolik. Sie dient ihnen hier dazu, ihre eigenen Taten, die sie unter Berufung auf »die Menschenrechte« begingen, zu relativieren. Das geschieht in dem Ansinnen, es könnte sich doch noch die Auffassung durchsetzen, ihre Verbrechen seien zumindest »gerecht« gewesen, unterschieden sich insofern also von den Massakern des bosnischen Völkerschlachtens. Die gingen unter dem so harmlos klingenden Wortungeheuer »ethnische Säuberungen« in die Geschichte ein. Wie der Begriff »Kollateralschaden«, unter den Ziviltote fallen, die aus Versehen von NATO-Jets weggebombt wurden. Oder heute, in den modernen gerechten Kriegen gegen den Terror, weggedrohnt werden.
Zur Legitimierung ihrer »gerechten« Kriege erfinden sie Gründe. Die historischen Szenerien zeigen den damaligen US-Außenminister Colin Powell 2003 in der UN-Zentrale, Picassos Guernica verhängt, gefälschte Fotos von Chemiewaffen präsentierend; und Rudolf »Hufeisen« Scharping 1999 im Mallorca-Pool. Verschonte Hauptkriegsverbrecher. Das war so in Den Haag beim Gerichtshof für das »Former Yugoslavia« (ICTY), das ist so beim dortigen »Weltgericht«, wie der Internationale Strafgerichtshof (ICC) genannt wird – fälschlicherweise. Denn beide Institutionen agieren, ohne auch nur in Erwägung zu ziehen, die großen Krieger und deren Schuld zum Thema zu machen, eben jene aus dem Weißen Haus, Downing Street 10, dem Élysée-Palast und dem Kanzleramt. Selbst wenn die geständig sind wie Gerhard Schröder bezüglich Jugoslawien 1999: »Weil ich es selbst gemacht habe.«
Vor dem ICC steht jedenfalls Laurent Gbagbo, kolonialkritischer Expräsident Côte d’Ivoires – und nicht Nicolas Sarkozy. Auch nicht Gbagbos unter dubiosen Umständen ernannter Nachfolger Alassane Ouattara, ein Mann des Internationalen Währungsfonds. Dessen enger Freund Sarkozy, damals französischer Präsident, ließ 2011 seine Fremdenlegionäre marschieren und Angriffe fliegen, auf dass sich Ouattara und dessen »Rebellenarmee« Gbagbo schnappten. Auch UN-Chef Ban Ki Moon und seine Blauhelme mischten mit.
Ban begrüßte jetzt das Urteil gegen Radovan Karadzic als »historisch«. Weil es die vom Westen mitgeschriebene Geschichte von den jugoslawischen Sezessionskriegen erneut bestätigt und Karadzic zum »Hauptschuldigen« verdammt? Auf diese Weise werden nicht nur die Sieger als Verdächtige ausgeschlossen, sondern ist zudem für eine genehme Auswahl der Angeklagten gesorgt, mit dem Ziel, den Süden in kolonialer Abhängigkeit zu halten. Oder eben im Fall Jugoslawien ein ehemals friedliches Land, einen Leuchtturm der weltweiten Unabhängigkeitsbewegungen zu beseitigen. Ganz ohne Symbolik.

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