jeudi 1 octobre 2015

Freyheit und Democracy (47)

jW, 28.9.2015:

Krementschuk liegt ungefähr 200 Kilometer flussabwärts von Kiew am Dnipro. Die Stadt lebte lange von einer Waggonfabrik, die ihre Produkte vor allem nach Russland exportierte. Jetzt tut sie das nicht mehr, und die örtlichen Arbeitslosen haben Zeit zur patriotischen Wachsamkeit.

So geschah es, dass dieser Tage die Polizei einen Anruf bekam: Auf einem zehnstöckigen Wohnhaus wehe die russische Fahne. Das örtliche Portal Telegraf veröffentlichte aus größerer Entfernung Bilder, die tatsächlich etwas Rot-Blau-Weißes erahnen ließen. Die Polizei fuhr zum mutmaßlichen Tatort und konnte zunächst nichts feststellen. Nach einiger Zeit verschafften sich die Beamten Zutritt zum Flachdach des Hauses und stellten fest: Da hatte jemand drei Handtücher zum Trocknen aufgehängt, ein verblichen rotes, ein himmelblaues und ein weißes, das auch schon lange kein ordentliches Waschmittel mehr gesehen hatte.

Das ist zwar derzeit noch nicht verboten, aber die Denunziantin oder der Denunziant dürfte sich im Einklang mit der Regierung fühlen. Die verhängte am Freitag Landeverbote für die beiden größten russischen Fluggesellschaften. Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk begründete das mit den Worten, auf ukrainischen Flughäfen hätten »russische Flugzeuge mit russischen Trikoloren« nichts zu suchen. Mit anderen Fahnen dagegen schon? Jedenfalls hat jetzt die internationale Fluglinie der Ukraine ein Problem. Weil es in solchen Fällen üblich ist, spiegelbildliche Sanktionen auszusprechen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Russland demnächst seinen Flugpassagieren auch nicht mehr zumutet, das blau-gelbe Design ukrainischer Jets anzuschauen. Wahrscheinlich nimmt die Regierung allerdings diese Geschäftsschädigung billigend in Kauf. Denn die »Ukraine International Airlines« gehören dem in Ungnade gefallenen Oligarchen Igor Kolomojskij.

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