samedi 26 septembre 2015

Ein Antidot gegen prodeutschen Geschichtsrevisionismus (29)

jW, 25.9.2015:

In Slowenien gibt es eine antifaschistische Alternative zum Jakobsweg der Katholiken: Die Route führt quer durchs Land, entlang an ehemaligen Kurierwegen der Partisanen, die im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazi-Okkupation kämpften, zu einer Reihe bedeutender Gedenkorte des Widerstands.

Mit der Geschichte der slowenischen Partisanen beschäftigt sich schon seit längerem Ernest Kaltenegger, der bekannte KPÖ-Politiker aus Graz. Er hält darüber Vorträge, so auch in Berlin-Schöneberg auf Einladung der Linkspartei am vergangenen Wochenende. Kaltenegger, leidenschaftlicher Hobbyfotograf, hat mehrfach Slowenien erkundet und auch zahlreiche Reisen zu Gedenkstätten des Widerstandes organisiert. Dabei hat er eine umfangreiche Sammlung von Film-, Foto- und Tondokumenten aufgebaut, woraus er in der Schöneberger »Roten Insel«, wie dort das Büro der Linkspartei nach dem gleichnamigen Stadtviertel heißt, einen emotional bewegenden Vortrag komponierte.

Begonnen hatte alles, so erinnert er sich, als er 1991 in einem Antiquariat einen Reiseführer über Slowenien aus dem Jahre 1960 kaufte. Das war für ihn Anlass, sich selbst vor Ort zu vergewissern, was nach der Zerschlagung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien an antifaschistischer Erinnerungskultur noch vorhanden war. Daraus entstand ein wesentlich umfangreicheres Projekt als er anfänglich dachte. Mittlerweile begreift er es als seine Aufgabe, den antifaschistischen Widerstand Sloweniens, seine Hintergründe und seine Erfolge über die Grenzen des Landes hinaus bekannt zu machen.

In seinem Berliner Vortrag berichtete er auch vom österreichischen Freiheitsbataillon, das am 24. November 1944 in Dorf Tribuce gegründet wurde. Es kämpfte im Verband der Jugoslawischen Volksbefreiungsarmee gegen die Nazis. Heute erinnert in Tribuce eine Gedenktafel an die österreichischen Partisanen. In kaum einem anderen Land Europas gibt es gegenwärtig so viele guterhaltene und gepflegte antifaschistische Gedenkstätten wie in Slowenien.

An diesen Orten gibt es Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen, auch in Anwesenheit von Regierungsvertretern und des Präsidenten. 2011 erschien eine Zwei-Euro-Gedenkmünze mit dem Porträt des legendären slowenischen Partisanengenerals Franc Rozman, genannt Stane. Viele Veranstaltungen finden um den 27. April herum statt, dem staatlichen Feiertag, an dem der Gründung der Befreiungsfront am 27.4.1941 in Ljubljana gedacht wird. Wichtig sind auch die Tage 7. bis 12. Januar. Dann versammeln sich jedes Jahr 10.000 Menschen in dem kleinen Bergdorf Drazgose nördlich von Ljubljana, wo es im Januar 1942 zum ersten größeren Gefecht zwischen Partisanen und Wehrmacht gekommen war, wobei den Deutschen erhebliche Verluste zufügt wurden. Der Mythos der unbesiegbaren Wehrmacht wurde dabei zerstört. Die Nazi-Einheiten rächten sich blutig und brannten das Dorf nieder, sie mordeten 41 Zivilisten.

Bei den slowenischen Denkmalen wird kaum eine Widerstandsform ausgeklammert: Erinnert wird an das Partisanenkrankenhaus in Franja, die Partisanendruckerei Slovenija, das Geiselmuseum Begunje na Gorenjskem, an Waldbunker, an einen Partisanenflugplatz, bis hin zum Versteck der politischen Führung der Partisanen im Wald. Darüber hinaus beschäftigen sich die Museen und Gedenkräume in den Städten und Dörfern nicht nur mit der Geschichte der deutschen Okkupation, sondern auch mit den Abscheulichkeiten des Ersten Weltkrieges.

In seinem Vortrag streute Kaltenegger kleine Geschichten ein, wie die von den »Drei Kühen«, über die Egon Erwin Kisch berichtet hatte: Ein slowenischer Bauer verkaufte seine Kühe, um von dem Erlös über Paris nach Spanien zu reisen und bei den Internationalen Brigaden zu kämpfen. Im Oktober 1944 wurde er dann auf Beschluss der KPÖ Kommandant des 1. Österreichischen Freiheitsbataillons in Slowenien.

Als Höhepunkt des Vortrags präsentierte Kaltenegger den Blick vom Triglav, dem höchsten Berg Sloweniens. Seine markante Silhouette mit den drei Bergzacken war das Symbol der Partisanen. An seinem Fuß im Vrata Tal steht das Bergsteiger-Partisanen-Denkmal. Der Berg findet sich heute im Wappen Sloweniens.

Interessenten an einer »Wanderung für Linksabbieger« in Slowenien auf den Spuren der Partisanen, unter der sachkundigen Leitung von Ernst Kaltenegger wenden sich an: bildungsverein@kpoe-steiermark.at oder bl-graz@kpoe-graz.at

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