dimanche 13 septembre 2015

Informationspolitik für Deutsch-Europa (30)

jW, 14.9.2015:

Nun ist es passiert. Der österreichische Kanzler Werner Faymann (SPÖ) griff am Samstag in die Historienkiste. Der ungarische Premier Viktor Orbán betreibe »eine Politik der Abschreckung«, warf Faymann seinem Amtskollegen vor. In Anspielung auf die Judendeportationen durch die Nazis sagte er: »Flüchtlinge in Züge zu stecken in dem Glauben, sie würden ganz woanders hinfahren«, wecke »Erinnerungen an die dunkelste Zeit unseres Kontinents«.

Hitler also. Es war klar, dass das irgendwann passieren musste. Und auch, dass es wahlweise ein Deutscher oder ein Österreicher sein würde, der nach dem alten Motto handelt: Wer als erster »Nazi!« ruft, gewinnt.

Nun muss man über Orbán nicht diskutieren. Der Rechtspopulist, der einmal als Wirtschaftsliberaler von Gnaden des Westens angefangen hatte, verfügt über wenig bis keine Schamgrenzen. Und die Stimmung im orbanisierten Ungarn weckt fraglos Assoziationen an den »Reichsverweser« Horthy, der sich nicht schnell genug den deutschen Faschisten andienen konnte. Als sich das Kriegsglück wendete, wollte er wieder aussteigen, doch es war zu spät – die Wehrmacht besetzte das Land und ermordete über eine halbe Million jüdische Bürger.

An den Ursachen, die heutzutage Millionen Menschen zur Flucht zwingen, ist Orbán unschuldig. Ihm und seinem Land fehlen schlicht die Möglichkeiten, andere Teile der Welt derart auszuplündern und kaputtzubomben, dass irgendwann der Exodus der verarmten Bewohner beginnt. Deutschland hat diese Möglichkeiten, und es macht fleißig davon Gebrauch. Wer Nazivergleiche strapaziert, sollte dies berücksichtigen.

Die CSU hingegen dürfte sich bestärkt fühlen. Sie hat den Magyaren zu ihrer Herbstklausur eingeladen. Ob Feymanns Bonmot den letzten Ausschlag gab, ist unbekannt. Seehofer nun als »Mussolini« zu schmähen verbietet sich trotzdem.

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