vendredi 15 novembre 2013

Putin erteilt geschichtspolitischem Vandalismus der Antisowjetisten Absage

Über die Feier zum 95. Geburtstag des Leninschen Komsomol im Kremlpalast in Moskau berichtet Egon Krenz im jW-Gespräch*:

jW: Trotz allen oppositionellen Gestus: Präsident Wladimir Putin schickte eine Grußadresse, in welcher er die Leistungen der Komsomolzen aller Generationen würdigte.

Egon Krenz: Als sie zu Beginn der Veranstaltung vorgelesen wurde, erinnerte ich mich an Putins Aussage vor einigen Jahren, daß die Zerstörung der UdSSR am Ende des vergangenen Jahrhunderts eine globalpolitische Katastrophe gewesen sei. Offensichtlich bestimmt eine solche Grundhaltung wesentlich das Geschichtsbild des russischen Präsidenten nach dem Prinzip: Geschichte ist Geschichte. Sie darf nicht zur Ideologie verkommen. Aus dieser Sicht fand ich sein Grußwort bemerkenswert.

Der Präsident eines der größten kapitalistischen Länder der Welt bezeichnet das Komsomoljubiläum »als ein wichtiges Datum in der Geschichte unseres Staates, im Leben von Millionen Menschen innerhalb Rußlands und außerhalb seiner Grenzen«.

jW: Wie reagieren darauf die sogenannten systemkritischen Medien?

Egon Krenz: In einigen russischen Zeitungen, die ich las, wurde der nicht zutreffende Eindruck erweckt, Putin wolle den Leninschen Komsomol reanimieren. Wir kennen ja ähnlich abfällige Äußerungen auch aus deutschen Medien über Putin und seine erkennbaren Bestrebungen, erprobte Erfahrungen aus der Sowjetzeit nutzbar zu machen. Der Grund ist klar: Der Westen hat es mit Putin wesentlich schwerer als mit Gorbatschow oder Jelzin, seine Politik durchzusetzen. Putin verteidigt die nationalen Interessen Rußlands. Er hat dabei ganz offensichtlich einen differenzierten und realistischen Blick auf die Geschichte des 20. Jahrhunderts, der vielen deutschen Politikern fehlt.

jW: Wie nahmen die Teilnehmer der Festveranstaltung Putins Grußwort auf?

Egon Krenz: Dazu muß ich eine Vorbemerkung machen: Auf russischen Internetseiten war zu lesen: »Kommunisten feiern den Komsomol«. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Längst nicht alle Teilnehmer der Festveranstaltung waren Kommunisten. Ich traf auch sehr viele Parteilose und auch Mitglieder anderer russischer Parteien. Mein Eindruck ist, daß die Zerstörung der Sowjetunion 1991 von oben bei vielen Menschen viel tiefere Wunden hinterlassen hat, als wir uns das vorstellen können. Die Geschichte Rußlands, so wurde immer wieder gesagt, beginne nicht erst 1991. Die Russische Föderation sei undenkbar ohne jene Leistungen der Sowjetunion in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und bei der Eroberung des Kosmos. Putins Botschaft wurde mehrheitlich mit starkem Beifall bedacht, aber auch differenziert bewertet.


* jW, 4.11.2013.

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