mercredi 23 avril 2008

Alexander Solschenizyn verurteilt orangenen Geschichtsrevisionismus


Als im Frühjahr 1999 Jugoslawien unter Mißachtung der UN-Charta, des NATO-Statuts und des Zwei-plus-Vier-Vertrages bombardiert wurde, kommentierte Alexander Solschenizyn diesen offenen Rechtsbruch, wie folgt:

"Die Aggressoren haben die UNO beiseite gestoßen und eine neue Ära eröffnet, in der Macht gleich Recht ist. Man sollte sich nicht der Illusion hingeben, daß der NATO die Verteidigung der Kosovaren am Herzen lag. Wäre es ihnen um den Schutz der Unterdrückten zu tun, hätten sie zum Beispiel die unglücklichen Kurden verteidigen können."

Solschenizyn solidarisierte sich mit den Serben, die - wie etwa Vojislav Šešelj - bereit waren, ihr Leben zu riskieren, um die Donaubrücken gegenüber Luftangriffen der Neuen NATO zu verteidigen, und machte kein Hehl daraus, wie er die moralische Statur eines Clinton, eines Blair, eines Solana einschätzte:

"Unter den Augen der Menschheit ist man dabei, ein großartiges europäisches Land zu zerstören, und die zivilisierten Regierungen applaudieren. Wenn die Menschen in Verzweiflung die Schutzräume verlassen und Menschenketten bilden, um unter Einsatz ihres Lebens die Donaubrücken zu retten, ist das nicht der hohen Taten der Antike würdig? Ich sehe nicht, was Clinton, Blair und Solana morgen davon abhalten könnte, sie bis zum letzten Mann auszulöschen, mit Feuer und Wasser."

Als Rußland sich wenige Wochen später dazu entschloß, dem Expansionismus der tschetschenischen Islamisten (nach deren Versuch, auch in Dagestan einen Gottesstaat einzurichten) militärisch Einhalt zu gebieten, verärgerte der russische Patriot und Antitotalitarist Solschenizyn die Nato-Humanitaristen von neuem: Er wies darauf hin, daß es nicht Rußland sei, das als Aggressor auftrete. Rußland habe in den vergangenen zwei Jahrzehnten weltpolitisch kontinuierlich nachgegeben und müsse nun zeigen, ob es willens sei, seinen Lebensanspruch gegen terroristische Angriffe zu verteidigen.

Jetzt hat Solschenizyn in der russisch-(west-)ukrainischen Debatte über den "Holodomor" - die Hungersnot in der Ukraine 1932/33 infolge der stalinistischen Kollektivierung der Landwirtschaft - das Wort ergriffen:

"Er bezeichnete die ukrainische Position als Neuauflage der 'teuflischen Verdrehungen der bolschewistischen Agitprop', mit der Zwietracht zwischen 'verwandten Völkern' gesät werden soll. Der Nobelpreisträger wies darauf hin, dass bereits im Jahr 1921 in Sowjetrussland eine Hungersnot geherrscht habe und also von einer bewusst gegen die ukrainische Nation gerichteten Vernichtungsaktion nicht die Rede sein könne." (NZZ, 9.4.2008)

Daß auch diese Stellungnahme jene westeuropäischen und nordamerikanischen "Menschenrechtler" verärgern muß, die sich in ihrer Kritik am Sowjettotalitarismus seit den 1970er Jahren gern auf das Werk Solschenizyns berufen, liegt auf der Hand. Die antisowjetischen Proklamationen eines Teils dieser "Antitotalitaristen", die sich in den 1980er Jahren mit einer peinlichen Romantisierung islamistischer "Freiheitskämpfer" wie Hekmatyar und Bin Ladin verbanden, waren wohl stets auch Ausdruck des antislawischen Ressentiments*, wie es sich dann in den 1990er Jahren in den Attacken gegen Jelzin, Milošević und Putin offen zu erkennen gab. (Das dröhnende Schweigen, mit dem die Ankläger fingierter serbischer und russischer "Völkermorde" etwa die tatsächlichen Verbrechen islamistischer Machthaber in Afghanistan seit dem Rückzug der Sowjets und dem Sturz der Regierung Najibullah 1992 bedachten, dürfte jedem, der die 1990er Jahre nicht im Tiefschlaf verbrachte, noch in den Ohren klingen. Lediglich im Hinblick auf Al Qaida und die Taliban wird, freilich erst seit dem 11. September 2001, selbst in der - lagerübergreifenden - antisowjetischen "Afghanistan-Solidarität" im allgemeinen der terroristische Charakter islamistischer Radikaler zugestanden ...)

*Die Tatsache, daß es sich auch bei den westukrainischen (wie den kroatischen und bosnisch-muslimischen) Lieblingen "westlicher" Propagandisten gewalttätiger "Intervention" gegen Serbien und Rußland um Slawen handelt, ändert nichts daran, daß die pseudo-menschenrechtlichen Freunde des (west-)ukrainischen, des kroatischen und des bosnisch-muslimischen Nationalchauvinismus "Moskau", "Minsk" und "Belgrad" (nicht jedoch "Kiew" oder "Zagreb") mit Invektiven belegen, die auf einen - nicht zuletzt in der deutschen Marx-Engelsschen Linken bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts popularisierten - Antislawismus zurückgehen, welcher den Slawen Mitteleuropas (außer den Polen) jede geschichtliche Zukunft absprach und slawische Völker der Donaumonarchie wie die Tschechen und Kroaten (!) als Handlanger des als Hort der Reaktion gebrandmarkten Russischen Kaiserreiches für ausrottungswürdig erklärte.

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