mercredi 5 mars 2008
Dmitrij Medwedjew: Hoffnungsträger einer multilateralen Weltpolitik?
In den russischen Präsidentschaftswahlen des vergangenen Wochenendes erhielt der von Präsident Wladimir Putin unterstützte Kandidat Dmitrij Medwedjew 70,24 v. H. der abgegebenen Stimmen. Von den drei weiteren Kandidaten trat der (als sanfter Oppositioneller geltende) Kommunist Gennadij Sjuganow mit 17,75 v. H. als der stärkste Parteiführer ausserhalb der Präsidentenpartei “Einiges Russland” hervor. Der bisweilen durch wüste nationalistische Ausfälle hervorgetretene Rechtspopulist Wladimir Schirinowskij (Liberaldemokratische Partei) konnte 9,36 v. H. der Wähler überzeugen, während Andrej Bogdanow als Kandidat der Demokratischen Partei nur 1,30 v. H. der Stimmen auf sich vereinigte.
Nicht nur Unregelmässigkeiten bei der Durchführung der Wahlen, wie sie Andreas Gross, der die Beobachterdelegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates leitete, an mehreren Orten feststellte, liessen es als unsinnig erscheinen, den formalen Ablauf der jüngsten Präsidentschaftswahlen in Russland als ein Indiz für eine Pluralisierung des politischen Lebens der Föderation zu werten. Vielmehr ist auch der zivilgesellschaftliche Raum, in dem sich auch (potentiell) oppositionelle Kräfte ausserhalb der unter staatlicher Obhut stehenden Mediokratie frei artikulieren könnten, nach wie vor ausgesprochen begrenzt. Insofern erinnern die (begrenzt) kompetitiven Wahlen eher an die “demokratisch”-akklamatorischen Elemente etwa im französischen Zweiten Kaiserreich Napoleons III. (1852-70), als an den Idealtypus einer liberalen Demokratie.
Wenn MdB Marieluise Beck (Grüne) jedoch die Wahl Medwedjews als eine simulierte Wahl in einer simulierten Demokratie attackierte, so geht diese Polemik ins Leere. (Dies gälte selbst in dem Falle, dass gerade Frau Beck und ihre Parteifreunde nicht stets selbst ein gestörtes Verhältnis zum Prinzip der Volkssouveränität geradezu ostentativ präsentierten, ob es nun um die Gestaltungsfreiheiten des (deutschen) Gesetzgebers etwa in einwanderungs- und islampolitischen Fragen ging, oder um die von den Grünen enthusiastisch begrüssten “Strafmassnahmen” gegen Österreich. Letzterer Fall macht deutlich, dass grünen VölkerbelehrerInnen auch ein “Übermass” an Pluralität als “problematisch” erscheinen kann, nämlich wenn infolge demokratischer Wahlen eine Regierung unter Einschluss einer rechtspopulistischen Partei wie der FPÖ gebildet wird.)
Andreas Gross zufolge wäre die Behauptung, das Wahlergebnis sei grob gefälscht worden, vereinfachend. Im Klartext: Auch im Falle einer - für die Legitimität einer liberalen Demokratie notwendigen! - vorbehaltlosen Garantierung einer formal korrekten Durchführung der Wahl würde “Putins Kandidat” Medwedjew eine deutliche Mehrheit der Wähler überzeugt haben können. Was Marieluise Beck stört, dürften weniger die Unregelmässigkeiten des Wahlablaufs sein, sondern die Tatsache, dass der - in deutsch-grüner Perspektive - “Falsche” gewählt wurde.
Dahingegen gratulierte das konservative französische Staatsoberhaupt Nicolas Sarkozy Medwedjew zu seinem Wahlsieg. US-Präsident George W. Bush gratulierte ebenfalls und fasst eine Zusammenarbeit mit seinem künftigen russischen Amtskollegen auch in Fragen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus ins Auge. In den vergangenen Tagen hatte Russland gegenüber den iranischen Ajatollahs keinen Zweifel daran gelassen, dass es nicht bereit ist, um jeden Preis durch Wahrnehmung seines Veto-Rechtes im Weltsicherheitsrat Sanktionen gegen die Islamische Republik Iran zu vereiteln - und auf diese Weise den iranischen Islamisten im Hinblick auf deren nukleare Aufrüstungsbestrebungen eine Art von Narrenfreiheit zu ermöglichen.
Bereits vor der Wahl Medwedjews hatte der Russland-Beauftragte der deutschen Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), herausgestrichen: “Wir haben eine ganze Reihe von gemeinsamen Interessen. Russland braucht die Europäische Union und Deutschland als Partner für die Modernisierung, sonst kann eine umfassende Erneuerung der russischen Wirtschaft nicht gelingen. Wir brauchen Russland nicht nur als Energiepartner, sondern als Partner in internationalen Konflikten wie in Iran, Nahost oder auf dem Balkan“.
Im Hinblick auf die Notwendigkeit, iranischen und kaukasischen Islamofaschisten ihre Grenzen aufzuzeigen, dürfte es für Deutschland und den gesamten Westen von Vorteil sein, dass an der Spitze der deutschen Diplomatie derzeit kein Parteifreund Marieluise Becks steht.
Libellés :
CDU/CSU,
Frankreich,
Iran,
Österreich,
Rechtsstaat,
Russland,
Separatismus
Inscription à :
Publier les commentaires (Atom)
Aucun commentaire:
Enregistrer un commentaire