Zum Tode des Oberhaupts der griechischen orthodoxen Kirche, Erzbischof Christodoulos
Mit dem am 28. Januar 2008 nach längerem Krebsleiden gestorbenen griechischen Patriarchen Christodoulos verliert Europa einen herausragenden konservativen Gelehrten, dessen politische Wirkungsmächtigkeit nicht überschätzt werden kann. Über eine seiner letzten Interventionen in die Sphäre des Politischen berichtet Michael Martens in der FAZ vom 29. Januar:
"Jener letzte längere Auftritt des Bischofs [auf einer Konferenz im Mai 2007; Anm. von Daniel L. Schikora] war bezeichnend für ihn: Der Dialog zwischen Islam und Christentum sei nur sinnvoll, so der Patriarch, wenn sich niemand zu dem Irrtum versteige, dass Christen, Juden und Muslime über denselben Gott sprächen. Er bemerkte, dass Muslime Rechte für sich einforderten, wo sie in der Minderheit sind, sie aber nicht gewährten, wo sie die Mehrheit stellen: 'Das moderne Kolosseum, also der wichtigste Ort des Märtyrertums und Opfers der Christen, sind heute leider die islamischen Länder.' Er kritisierte den Trend, Geschichte umzuschreiben, bis sie sich den geopolitischen Erwägungen der Gegenwart füge, wodurch das ottomanische Reich als Bastion religiöser Freiheit und Toleranz erscheine. Traurig sei es, dass griechische Schüler nun von 'Geschichtswächereien' etwas über die angebliche Toleranz der Sultane erführen, denn 'das Ausmaß der türkischen Toleranz wurde auch durch die 6000 griechischen Geistlichen, etwa 100 Bischöfe und elf Patriarchen demonstriert, die das ottomanische Schwert kennenlernten'. Gewiss hätten auch Muslime unter Christen gelitten, doch gebe es einen Unterschied: Wenn christliche Herrscher ihre Untertanen unterdrückten, ob Muslime oder Christen, so könnten sie nicht gleichzeitig auch die Gebote des Glaubens einhalten, 'wohingegen Muslime unterdrücken und vernichten, während sie den Koran, die Scharia beschwören. Dies ist so, weil es im Islam keinen Unterschied gibt zwischen Cäsars Königreich und Gottes Königreich'."
Der 1998 durch die Heilige Synode als Erzbischof von Athen eingesetzte Christodoulos nahm 1999 in scharfen Worten Stellung gegen den völkerrechtswidrigen Bombenkrieg der Nato, der sich gegen ein dem orthodoxen Christentum angehörendes Volk richtete und in dessen Ergebnis die Heiligtümer der Orthodoxie im gegenwärtigen Kosovo-Metohija (seit 1999) der Kulturbarbarei islamistischer Terroristen ausgesetzt wurden, die über 100 serbische Kirchen und Klöster zerstörten. Er bekundete seine "volle Solidarität mit dem heroischen orthodoxen Volk der Serben" und stellte fest, dass es sich bei der Bombardierung Jugoslawiens um einen "brutalen Bruch mit den Idealen und Prinzipien von Freiheit und Demokratie" durch jene Länder handele, "die diesen Sturm entfesselt haben". Seine Solidarisierung mit Serbien repräsentierte die Haltung der überwältigenden Mehrheit der Griechen - während der "ultrakonservative" (Le Figaro), sich durch eine "intellektuelle Rücksichtslosigkeit" (FAZ) auszeichnende Patriarch in anderen politischen Fragen auch im eigenen Land oftmals auf Widerspruch stieß. (So setzte sich die Kirche in ihrem Bestreben, die Erwähnung der Religionszugehörigkeit in griechischen Personalausweisen aufrechtzuerhalten, nicht durch.)
Jedenfalls verkörperte sich in der Persönlichkeit von Erzbischof Christodoulos jener Geist, der den (liberal-) multikulturalistischen Theoretiker Will Kymlicka Griechenland - neben Frankreich - zu jenen Mitgliedstaaten der EU zählen ließ, die sich weigerten, den Nationalstaat zugunsten alternativer Konzepte multikultureller resp. transnationaler Staatsbürgerschaft über Bord zu werfen.
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