mardi 6 novembre 2007

Deutsche Sektenjägerin attackiert Spaniens Souveränität


32 Jahre nach der Überwindung des klerikalistischen Franco-Regimes scheint sich Spanien dem Ideal einer laizistischen Demokratie anzunähern - oder, weniger euphemistisch formuliert: wenigstens den minimalen Anforderungen eines sälkularen Verfassungsstaates zu genügen, die bundesrepublikanischen "Sekten"jägern fremd sind:

"Spanien erkennt die umstrittene Scientology-Organisation als Kirche an. Der Nationale Gerichtshof sprach der Organisation das Recht zu, sich in das Register der offiziell anerkannten religiösen Gemeinschaften einzutragen. Das Madrider Justizministerium hatte eine solche Eintragung 2005 abgelehnt. Scientology erhob gegen die Entscheidung des Ministeriums Klage. Dieser wurde nun stattgegeben."


Der Urteilsspruch des Nationalen Gerichtshofs Spaniens rief erwartungsgemäß eine deutsche Völkerbelehrerin auf den Plan:

"Die Leiterin der Arbeitsgruppe Scientology bei der Hamburger Innenbehörde Ursula Caberta reagierte mit Skepsis. Sie wisse nicht, welche Rechte für Scientology in Spanien mit dem Schritt verbunden seien. 'Diese Anerkennung ändert aber nichts daran, dass der Ideologieansatz bei Scientology verfassungsfeindlich und gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung gerichtet ist', sagte Caberta."


Welch ein Jammer, daß das EU-Mitglied Spanien nicht so umstandslos bombardiert werden kann, wie das unter der Mitverantwortung Ihres früheren Parteifreundes Gerhard Schröder wegen mangelnder Konzessionsbereitschaft gegenüber völkischen Mordbrennern in Schutt und Asche gelegte Jugoslawien, nicht wahr, Frau Caberta?! - Selbstverständlich wird keine freiheitliche demokratische Grundordnung - ob in Deutschland oder in Spanien - dadurch gefährdet, daß Bürger sich einem "Ideologieansatz" verpflichtet fühlen, der Caberta als gefährlich erscheint, und ihre Grundrechte wahrnehmen, um ihre religiösen oder weltanschaulichen Präferenzen im Rahmen geltenden deutschen resp. spanischen Rechtes zur Geltung zu bringen. Gefährdet wird die verfassungsstaatliche Integrität europäischer Staatswesen jedoch durchaus durch die Anmaßung staatlicher Behörden, den Rechtsunterworfenen dazu zu nötigen, sogar im Bereich der Religionsfreiheit auf seine verfassungsmäßig garantierten Freiheitsrechte zu verzichten.

"Aus gutem Grund habe Scientology noch nicht ernsthaft versucht, in Deutschland wie etwa die evangelische und katholische Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. Die Entscheidung in Spanien zeige, wie nötig eine gesamteuropäische Diskussion über Scientology sei."


Die Perspektive einer seitens deutscher "Sektenbeauftragter" initiierten "gesamteuropäischen Diskussion" über Religionsfreiheit in Spanien gemahnt unwillkürlich an deutsche Interventionen früherer Jahrzehnte auch auf der Iberischen Halbinsel. Allerdings: Selbst nach dem Triumph der Frankisten 1939 vermochte Spanien seine Souveränität gegenüber dem Deutschen Reich zu verteidigen - was sich für Spanier wie Nichtspanier in lebensrettender Weise auswirkte.

(Zitate nach: tagesspiegel.de, 2.11.2007)

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