jeudi 18 octobre 2007

Multikulturalismus: Rassismus, der die Wörter "Vielfalt" und "Toleranz" im Munde führt


"Wer durch die Gesetzgebung beginnt, die Privatrechtssubjekte unter den Generalverdacht des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit zu stellen und mit Anti-Diskriminierungsgesetzen die Augen zu schärfen für ansonsten womöglich gar nicht wahrgenommene Unterschiede zwischen Rassen, Geschlechtern oder Altersklassen, der mag an moralische oder sozialtechnologische Erfolge glauben. In Wirklichkeit verengt er den Raum gesellschaftlicher Freiheit, rückt ab von der selbstverständlichen Rechtsgleichheit, teilt Rechte nach Gruppen zu, verstaatlicht private Lebensverhältnisse, politisiert den Alltag. Die Einteilung der Gesellschaft in Gruppen - Alte und Junge, Reiche und Arme, Frauen und Männer, Akademiker und Nichtakademiker - öffnet womöglich die Tore zu einem neuen Mittelalter, in dem nicht der Mensch als Individuum, sondern die harmonische Ordnung der Gruppen untereinander das Leitbild ist. Für diese nur auf den ersten Blick übertriebene Befürchtung mehren sich inzwischen die Belege." (Udo Di Fabio, 2005*)

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 14. Oktober 2007 veröffentlicht ein Interview mit dem diesjährigen Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Saul Friedländer, das die folgenden Passagen enthält:

Von Sartre stammt der Satz: "Es ist der Antisemit, der den Juden schafft". Stimmen Sie dem zu?
[Friedländer:] Nein. Denn Sartre übersieht dabei vollkommen, dass die Juden auf eine Geschichte von rund 3000 Jahren zurückblicken konnten, bevor sie im Zweiten Weltkrieg zum Objekt antisemitischer Mordgier wurden. Seine Definition stimmte nur für eine Minderheit von vollkommen assimilierten Juden, dazu gehörte auch ich.
[...]

Sie nennen Jüdischsein eine persönliche Entscheidung: in den dreißiger und vierziger Jahren war es das nicht.
[Friedländer:] Natürlich nicht. Nur in einer normalen Welt kann man sich seine Identität frei wählen. Insofern hat Sartre doch recht - in einer Periode von stark erhöhtem Antisemitismus werden Juden von außen dazu gemacht.


Wie sehr das gegenwärtige Deutschland von jener durch Friedländer postulierten "normalen Welt" - der Normalität des freiheitlichen Verfassungsstaates, in der holistische Gemeinschaftsstrukturen tendenziell in die Privatsphäre verdrängt sind - entfernt ist, führt eine Meldung in derselben Ausgabe der FASZ vor Augen:

Die Italiener erregen sich über ein deutsches Urteil gegen einen Landsmann. Der 29 Jahre alte Maurizio P. aus Cagliari, der jahrelang in einem italienischen Restaurant im niedersächsischen Stadthagen arbeitete, hatte seine Freundin, die aus Litauen stammende Anna S., brutal misshandelt: ans Bett gefesselt, vergewaltigt, ausgepeitscht, kahlrasiert. Um sie für angebliche "Untreue" zu strafen, zwang er sie zum Sex zu dritt. Als Motiv gab er Eifersucht an und gestand einen Teil seiner Taten, behauptete aber, Anna S. habe an ihren Peinigungen freiwillig teilgenommen. P. wurde 2006 in erster Instanz in Bückeburg schuldig gesprochen, seine Strafe - maximal 15 Jahre - aufgrund mildernder Umstände auf sechs Jahre festgesetzt. Neben anderen Faktoren führte der Urteilsspruch des heute pensionierten Bückeburger Richters Baron B. auch die "ethnisch-kulturelle Prägung" des Schuldigen an: Immerhin komme er aus Sardinien, und dort seien die Verhältnisse zwischen Männern und Frauen eben nicht ganz gleichberechtigt. Als diese Sentenz am Donnerstag in Italien bekannt wurde, erhob sich ein Aufschrei der Empörung; die Bückeburger Version des Multikulturalismus wurde auf den Titelseiten der Tageszeitungen als "rassistisch" kritisiert. Nur der Präsident der Region Sardinien, Renato Soru, bemerkte trocken: "Offenkundig gibt es Idioten." Die archaische Hirtenkultur Sardiniens kannte zwar brutale patriarchale Gewalt gegenüber den Söhnen - Gavino Leddas Weltbestseller "Padre Padrone" erzählt davon. Der soziale Status sardischer Frauen aber, ihre Erbschafts- und Namenrechte, waren schon im 19. Jahrhundert höher entwickelt als im Vatikanstaat.


Freilich dürfte diese historische Realität einen deutschen Richter in seinen ethno-zoologischen Projektionen ebenso wenig bekümmern - ebenso wenig, wie ein deutscher "Menschenrechtler" sich in seinem Engagement für das "Selbstbestimmungsrecht" bosnischer, tschetschenischer oder afghanischer Islamisten dadurch irritieren ließe, dass in Jugoslawien, Rußland oder dem präislamistischen Afghanistan der 1980er Jahre muslimische Frauen aus freien Stücken in Krankenhäusern, Schulen oder Universitäten arbeiteten, ohne dem Gedanken verfallen zu sein, ihnen würde etwa ein "Grundrecht" auf Zwangsverschleierung verwehrt ...

* Zit. nach: Udo Di Fabio, Die Kultur der Freiheit, München 2005, S. 126.

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