lundi 6 février 2017

Informationspolitik für Deutsch-Europa (43)

NZZ News, 5.2.2017:

Darf der das? Natürlich darf der «Spiegel» auf sein Cover eine Karikatur stellen, die Donald Trump als Mörder von Freiheit und Demokratie zeigt. Das ist gar nicht der Punkt. Polemik und Satire dürfen jederzeit ihr Niveau unterbieten, solange sie nicht gesetzlich garantierte Persönlichkeitsrechte verletzen. Und natürlich ist es geschmacklos, welche Zuspitzung der aus Kuba stammende Künstler Edel Rodriguez seiner Zeichnung gibt: Da steht der US-Präsident mit triumphierend erhobenen Armen, in der rechten Hand das abgeschnittene Haupt der Freiheitsstatue, aus deren Hals noch das Blut tropft, in der linken das blutverschmierte Messer, und das Motto stiftet die Devise «America first».

Trump als politischer Gewalttäter, der agiert wie ein Schlächter des «Islamischen Staates» – dieser Vergleich der amerikanischen Regierungspolitik mit Terrorismus ist sofort überall erkannt worden und hat der neuen Ausgabe des «Spiegels» grenzüberschreitende Aufmerksamkeit beschert. Kommentatoren in den USA, die einiges gewohnt sind, rissen die Augen auf ob des Tiefschlags aus Hamburg. Auf Twitter jagten sich Ablehnung und Zuspruch. Das Echo im Netz ist enorm und überwiegend negativ, auch in deutschen Medien.

Sage keiner, die Deutung des Titelblatts sei überzogen. Der Künstler, der 1980 als Neunjähriger in die USA kam, ist mit seinem IS-Vergleich genau so verstanden worden, wie er es wollte. Trumps Einreisestopp für muslimische Migranten und Flüchtlinge sei «eine Enthauptung der Demokratie, eine Enthauptung eines heiligen Symbols», teilte Rodriguez der «Washington Post» auf Nachfrage mit. Die Freiheitsstatue stehe für die amerikanische «history of welcoming immigrants». Die Assoziationen, die sich zwischen Trump und den Kopfabschneidern des IS einstellten, seien letztlich selbstverständlich. «Both sides are extremists, so I'm just making a comparison between them.»

Der «Spiegel» hat mit Rodriguez' Karikatur nicht einfach einen Artikel illustriert. Er hat das Bild aufs Titelblatt gehoben und sich damit die politische Aussage des Künstlers zu eigen gemacht. Die Karikatur wird zu einem prominenten journalistischen Statement. Die Frage ist nicht, was der Satire erlaubt sei. Sie lautet, wie eingangs bemerkt, auch nicht, ob eine Zeitschrift einen so üblen Vergleich drucken dürfe.

Es geht nicht ums Dürfen. Es geht um die publizistische Kultur und darum, ob der «Spiegel» gut beraten ist, mit plumpen Botschaften zur Vergiftung des politischen Denkens beizutragen. Intellektuell ist das Cover unter aller Kanone. Sein Wahrheitsgehalt ähnelt dem der Fake-News, für deren Verbreitung Trumps Chef-Stratege Stephen Bannon bekannt ist. Man könnte sagen, hier werde der Trump-Fraktion in gleicher Münze heimgezahlt. Der Verlust an Stil und Klugheit dabei ist freilich beträchtlich. Cover wie die des «Spiegels» bewirtschaften eine Bereitschaft, den Gegner niederzumachen, von der wir zurzeit übergenug haben.

Man soll die Hysterie nicht vermehren. Man soll, andererseits, auch kein Appeasement gegenüber Präsidenten betreiben, die mit republikanischer Freiheit vor allem die eigene Ellbogenfreiheit meinen und diktatorische Ambitionen erkennen lassen. «In jedem Leben kommen die Momente, in denen es gilt. Dann zeigt sich der Charakter», schreibt der Chefredaktor des «Spiegels» in seinem Leitartikel. Gemeint ist, die deutsche Regierung solle Charakter im Widerstand gegen den «Nero Trump» beweisen. Nach dem Vorbild des «Spiegels»? Sicher nicht nach dem seines Covers. Der Charakter, der sich dort zeigt, ist überaus zweifelhaft.

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