jeudi 3 septembre 2015

Souveränisten aller Länder, vereinigt euch! (9)


jW, 3.9.2015:

Vor 70 Jahren endete das schrecklichste Gemetzel der Menschheitsgeschichte, der Zweite Weltkrieg, in Ostasien. Für China begann der Kampf bereits am 7. Juli 1937 mit dem Überfall Japans. Erst eine Woche nach der Kapitulation des Kaiserreiches am 2. September 1945 war der Krieg auf chinesischem Gebiet schließlich vorbei. Mit deutlich über 20 Millionen Toten hatte das Land neben der UdSSR die meisten Opfer zu beklagen. Das chinesische Volk hat, gemeinsam mit dem sowjetischen, die Hauptlast an der Befreiung der Welt vom Faschismus getragen.

Am heutigen Donnerstag wird der Jahrestag in der chinesischen Hauptstadt Peking mit einer Militärparade begangen. Während Deutschland und die USA nur ihre Botschafter entsenden, werden der russische Präsident Wladimir Putin und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon persönlich an den Feierlichkeiten teilnehmen. Insgesamt werden die Staatschefs von 30 Ländern anwesend sein. Auch der frühere japanische Premierminister Tomiichi Murayama, der sich 1995 für den japanischen Angriff entschuldigt hatte, wird in Peking sein, nicht jedoch der aktuelle Premier Shinzo Abe.

Mit Putins Besuch wird eine Tradition fortgesetzt, die der chinesische Präsident Xi Jinping am 9. Mai mit seiner Anwesenheit in Moskau begonnen hatte. Nahmen zum Tag des Sieges gegen Nazideutschland auch chinesische Truppenteile an der russischen Ehrenparade teil, so werden nun 85 russische Soldaten in Peking mitmarschieren. Neben dieser symbolischen Vereinigung der Weltkriegsverbündeten geht es um aktuelle Politik. Bereits am gestrigen Mittwoch sprachen Putin und der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang über Wirtschafts- und Handelskooperationen. Insgesamt sollen rund 30 Abkommen unterzeichnet werden. Russland beteiligt sich an der von China geplanten »Neuen Seidenstraße«, beide Länder haben im Mai in Moskau den Aufbau einer euro-asiatischen Wirtschaftsunion beschlossen.
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Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte am 24. August in einem zeitgleich in russischen und chinesischen Medien erschienenen Artikel das Zusammenrücken der beiden großen Länder als »Kooperationsmodell für das 21. Jahrhundert« bezeichnet (siehe jW vom 27.8.2015). »Russland und China stehen auf gleichen oder ähnlichen Positionen zu den wichtigsten Problemen der Gegenwart«, so in der Achtung der Souveränität von Nationalstaaten.

»Heute stoßen wir auf das offene Streben, die Geschichte des Krieges zu manipulieren, die Opfer und Henker gleichzustellen«, hatte Lawrow gerügt. Dies bringe »die Grundlagen einer gemeinsamen Weltordnung ins Wanken«. Die Nachkriegsordnung, die vor rund 70 Jahren festgelegt wurde, ist bedroht: Während Deutschland wieder Dominanz über Europa ausübt, ist Japan dabei, die Beschränkungen aus der bedingungslosen Kapitulation des Jahres 1945 abzuwerfen, um erneut die Konfrontation mit China zu suchen. Russland sieht sich Angriffen vor allem aus den USA, aber auch aus der BRD ausgesetzt. Erneut werden faschistische Kräfte, die Erben der alten Nazikollaborateure, in ehemaligen Sowjetrepubliken wie der Ukraine gegen Russland gerüstet. Die geplante, gegen russische und chinesische Warnungen durchgeführte Destabilisierung des Nahen Ostens hat ein gigantisches Bürgerkriegsgebiet hinterlassen.

Das imperiale Expansionsstreben der westlichen Mächte verdeutlicht die Kriegsgefahr. Dass sich Russland und China, die Verbündeten von einst, erneut finden, ist eine Reaktion darauf. Die Feiern zum Ende des Krieges sind ein Fest des Friedens – aber nur, weil sie der Abschreckung dienen.

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