SPUTNIK, 4.8.2015:
Mit einer Militärparade feiert das Balkanland Kroatien die „Befreiung der Heimat“ vor 20 Jahren. Bei der Militäroperation „Oluja“ (Sturm) waren binnen Tagen mehr als 200.000 Serben vertrieben worden, fast 2.000 wurden getötet. Die größte „ethnische Säuberung“ in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben NATO-Staaten erst möglich gemacht.
Der „Tag des Sieges und der heimatlichen Dankbarkeit“ wird in Kroatien in diesem Jahr mit einer pompösen Militärparade in Zagreb und einem Musikfestival in Knin gefeiert. Sie sollen an die Eroberung der Serbischen Republik Krajina, international seinerzeit nicht anerkannt wie heute nicht die Volksrepubliken in der Ostukraine, im August 1995 erinnern. Fälschlicherweise ist in der Berichterstattung in aller Regel von „Rückeroberung“ der von Serben „besetzten Gebiete“ und „Wiedervereinigung“ die Rede.
Tatsächlich hatten die kroatische Regierung und die kroatische Armee zu keinem Zeitpunkt seit der einseitigen Sezession von Jugoslawien 1991 den mehrheitlich von Serben bewohnten Landstreifen entlang zum Nachbarn Bosnien-Herzegowina kontrolliert. Die Proklamation der Republika Srpska Krajina mit der Hauptstadt Knin erfolgte in Reaktion auf die verfassungswidrige Loslösung Zagrebs. Nach vier Jahren bereitete ein Großaufgebot der kroatischen Armee, trainiert von den USA und anderen NATO-Staaten, in einer Blitzoffensive den abtrünnigen Serben den Garaus.
Und das im wahrsten Sinn des Wortes. Um 5 Uhr in der Früh am 4. August 1995 rückten kroatische Verbände in die Krajina-Republik vor. Die Offensive erstreckte sich entlang einer Frontlänge von 630 Kilometern und auf eine Gesamtfläche von 10.500 Quadratkilometern. Mehr als 200.000 Serben verließen in Angst und Panik ihre Heimat. In Autos, auf Traktoren und Pferdekarren oder zu Fuß. In 84 Stunden war die Krajina praktisch Serben-frei.
Geholfen hatte dabei die NATO: US-Kampfjets schalteten serbische Radarstationen aus, französische und US-amerikanische Einheiten hatten in den Monaten davor die kroatische Armee im Kriegshandwerk professionalisiert. Aus der BRD waren Exilkroaten als Freizeitkrieger an die Balkanfront gekarrt worden. An den Busbahnhöfen in Mannheim, Stuttgart und München war an Wochenenden ein wahrer Terrortourismus zu beobachten – im Gegensatz zu den Freiwilligen des „Islamischen Staates“ heute hinderten seinerzeit weder Staatsanwaltschaft noch Polizei die fanatischen Serbenhasser.
Die Schweizer NZZ berichtete am 8. August, unmittelbar nach dem Ende des Kroaten-Sturms über den „Exodus der Serben aus der Krajina“:„Ganze Dörfer und auch größere Ortschaften wie Obrovac oder Benkovac sind menschenleer, sieht man einmal von den kroatischen Polizisten und Armeeangehörigen ab. Die gesamte Bevölkerung ist geflohen. Zehntausende von Menschen haben in Panik und in Angst von einer Stunde auf die andere ihre Häuser und Wohnungen verlassen.“ Anzeichen dafür: „Auf manchen Balkonen hängt noch die Wäsche. Hühner und Katzen irren durch die Hinterhöfe. (…) In den wenigen kleinen und ärmlich eingerichteten Kaffees stehen die Tassen und Bierflaschen noch auf den Tischchen; manche sind halbvoll – Anzeichen dafür, dass sich die Menschen, die hier einmal lebten, Hals über Kopf davongemacht haben und alles stehen- und liegenließen. In einem Restaurant an der Hauptstrasse ist der Tisch noch gedeckt; Fleischreste, abgebissene Brotstücke und nicht leergetrunkene Weinflaschen liegen herum. 'Das letzte Abendmahl der Serben', meint ein kroatischer Soldat mit einem zynischen Grinsen.“
Anderenorts ist es dem NZZ-Bericht zufolge seitens der siegreichen kroatischen Armee zu Brandschatzungen gekommen: „In Benkovac sind, im Gegensatz zu Obrovac, ganz offensichtlich Häuser und Geschäfte angezündet worden, denn nach übereinstimmenden Aussagen hat es in dem Ort selbst, ebenso wie in Obrovac, keinen Widerstand und keine Kämpfe gegeben. Als die kroatischen Truppen am Samstagnachmittag einmarschierten, war der Ort, so wird uns gesagt, bereits verlassen. Manche Läden und Restaurants zeigen auch Spuren von Plünderungen. Die Schlösser wurden aufgebrochen. Es scheint, dass die serbischen Besitzer die Türen vor ihrer überhasteten Flucht noch sorgfältig abgeschlossen hatten. Viele Fensterscheiben sind zerschlagen, die Innenräume mancher Geschäfte verwüstet, die Ladentische umgekippt. Auf dem Boden liegen Waren aller Art herum, Lebensmittel, Kleider, Schuhe. An der Türe zu einem Laden klebt ein Zettel mit der Aufschrift: 'Das ist ein kroatisches Haus.' Ganz offensichtlich hat es geholfen, denn das Gebäude ist noch völlig intakt.“
Insgesamt sind an die 20.000 Häuser zerstört worden. Von „Einzelfällen“ „einzelner Marodierender“ kann mithin keine Rede sein. Die Vertreibung erfolgte gezielt und flächendeckend. Erklärtes Ziel des damaligen kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman und seiner nationalistischen HDZ war nach der Eroberung und Eingliederung der Krajina, die Zahl der verbliebenen Serben auf unter drei Prozent zu halten.
Die an der „Operation Oluja“ beteiligten kroatischen Generäle gelten in dem Land, das seit 2009 Mitglied der NATO ist, als „Helden“, allen voran der vom Internationalen Jugoslawien-Tribunal in Den Haag in erster Instanz als Kriegsverbrecher verurteilte Ante Gotovina. In der Berufungsverhandlung wurde der einstige Fremdenlegionär freigesprochen – es kann ja auch schlecht angehen, dass Spitzenmilitärs des NATO-Partners Verbrechen gegen die Menschheit begangen haben sollen.
Gerne wollte Kroatiens Premier Zoran Milanović in dieser Woche auch Truppenverbände aus den anderen Ländern des westlichen Militärpakts mit über die Boulevards der Hauptstadt paradieren lassen. Allein, es kommen keine. Keine Soldaten der Bundeswehr, keine Truppen Frankreichs, keine GIs aus den USA. Das ist einigermaßen feige, denn die massive westliche Unterstützung hätte das Massenvertreibungswerk in jenem Sommer nicht in Gang gebracht werden können. Mit der Schande muss die „westliche Wertegemeinschaft“ leben. Die Geschichtsbücher und Mainstream-Medien machen dies durch Totschweigen nicht allzu schwer.
vendredi 7 août 2015
Ein Antidot gegen prodeutschen Geschichtsrevisionismus (28)
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