samedi 4 juillet 2015

Freyheit und Democracy (37)


jW, 2.7.2015:

Argentinische Verhältnisse mitten in Europa: In der Schweiz ist unter ungeklärten Umständen der Publizist Boris Krljic, bekannt unter seinem Pseudonym Alexander Dorin, verschwunden. Mutmaßlich wurde er am 17. Juni von Zivilpolizisten aus seiner Wohnung in Basel geholt. Freunde berichten, die Wohnung sei verwüstet, Parkettböden und Türzargen seien herausgerissen. Unklar ist, unter welchem juristischen Vorwand die Verhaftung erfolgte und wo sich der Verschleppte befindet. Die Schweizer Behörden wehren diesbezügliche jW-Nachfragen ab.

Boris Krljic ist gebürtiger Serbe und besitzt die Schweizer Staatsbürgerschaft. Wegen seiner Recherchen zum Massaker von Srebrenica, bei dem im Juli 1995 bosnisch-serbisches Militär bis zu 8.000 bosnisch-muslimische Männer umgebracht haben soll, wurde Krljic/Dorin in der Vergangenheit mehrfach bedroht. In seinen Büchern »Srebrenica. Die Geschichte eines salonfähigen Rassismus« (2009) und »Srebrenica wie es wirklich war« (2010) hat er auf elementare Widersprüche hingewiesen, die den schrecklichen Höhepunkt des Bürgerkrieges in ein anderes Licht rücken. So soll es nach dem Fall Srebrenicas nicht mehr als 2.000 Tote gegeben haben. Laut Dorin handelt es sich dabei größtenteils um Gefechtstote, nicht um Massakeropfer.

jW wollte vom Schweizer Innenministerium unter anderem wissen: Kann es die Verhaftung von Boris Krljic/Alexander Dorin bestätigen? Wer hat die Verhaftung durchgeführt? Inwiefern war bei der Razzia der Geheimdienst beteiligt? Was wird ihm konkret vorgeworfen? Inwiefern besteht ein Zusammenhang zu seinen Veröffentlichungen und Recherchen zu den Geschehnissen in Srebrenica während des bosnischen Bürgerkrieges? Wo wird Boris Krljic/Alexander Dorin festgehalten? Wurde er einem Ermittlungsrichter vorgeführt? Hat er Zugang zu einem Rechtsbeistand?

Das Eidgenössische Departement des Innern erklärte sich für nicht zuständig und verwies an die Kantonspolizei Basel sowie die dortige Staatsanwaltschaft. Die Baseler Polizei meint, die »Fragen fallen nicht in unseren Zuständigkeitsbereich«, die Staatsanwaltschaft schweigt – bis heute.

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