jeudi 16 octobre 2014

Ein Antidot gegen prodeutschen Geschichtsrevisionismus (14)


jW, 17.10.2014:

Kurz nach zwölf Uhr am Donnerstag mittag landete die Iljuschin 96 mit dem hohen Gast auf dem Belgrader Flughafen. Gekommen war Wladimir Putin. Er besuchte die Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Befreiung Belgrads von der faschistischen Besatzung durch die jugoslawischen Partisanen und die Rote Armee. Zu Putins Ehren fand zum ersten Mal seit 29 Jahren wieder eine Militärparade statt. Allerdings wurden die Festivitäten vorverlegt – erst am 20. Oktober 1944 waren die letzten Wehrmachtssoldaten aus der Stadt vertrieben worden.

Vor der Parade besucht Putin den Friedhof der Befreier Belgrads, wo er für die 940 während der Kämpfe gefallenen und teilweise dort beerdigten Rotarmisten einen Kranz niederlegte. Anschließend wurde er von seinem serbischen Amtskollegen Tomislav Nikolić mit dem »Orden der Republik Serbien« ausgezeichnet.

In einem vorab veröffentlichten Interview in der serbischen Zeitung Politika hatte Putin die Verbundenheit beider Völker unterstrichen. Außerdem verwies er auf die gemeinsamen Opfer im Kampf gegen den Faschismus. Kritik übte der russische Präsident hingegen an den USA. »Washington hat den Maidan aktiv unterstützt«, sagte er. Dadurch wurde der Nationalismus befeuert, der »das Land in einen Bürgerkrieg gestürzt« hat. Außerdem wies er die Anschuldigungen, für die Krise verantwortlich zu sein, ebenso wie die westlichen Sanktionen gegen Russland als »feindliche Vorgehensweise« zurück. Zum Streit um die russischen Gaslieferungen sagte Putin, dass sein Land bereit sei, »konstruktive Verhandlungen zu diesen Themen weiterzuführen«.

Nach der Militärparade, an der unter anderem auch der deutsche und der ukrainische Botschafter teilnahmen, reiste Putin ins italienische Mailand weiter. Dort findet ab Donnerstag das zweitägige Asien-Europa-Treffen statt, zu dem sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko angekündigt haben. Unter anderem stehen direkte Gespräche zwischen Putin und Poroschenko über die Lage in der Ukraine auf der Tagesordnung.

Russland versucht, mit dem Besuch Putins in Belgrad die Beziehungen zu Serbien zu intensivieren. So wurde am Donnerstag eine 800 Millionen US-Dollar umfassende Kooperation zwischen den jeweiligen Eisenbahngesellschaften besiegelt. Im Gespräch mit serbischen Regierungsvertretern wurde auch über weitere Projekte wie die geplante »South Stream«-Pipeline beraten. Sie soll russisches Erdgas über den Balkan – und unter Umgehung der Ukraine – nach Europa transportieren. »South Stream« wird zum Missfallen Moskaus wie auch Belgrads, das sich Einnahmen durch Transitgebühren erhofft, von der EU blockiert.

Dass die Bundesregierung nach wie vor Serbien als ihr Hinterland betrachtet, zeigte eine verhergehende Visite von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt am Montag. Er forderte Ministerpräsident Aleksander Vučić auf, sich außenpolitisch nicht gegen die EU zu positionieren. Was damit gemeint ist, machte Schmidt im Gespräch deutlich: Er »mahnte« eine »Zurückhaltung Serbiens etwa in Exportfragen gegenüber Russland an«, heißt es in einer Mitteilung des Ministers.

Serbien beteiligt sich zum Missfallen von Brüssel und Berlin nicht an der Sanktionspolitik des Westens gegen Russland. Vielmehr erhofft sich die Belgrader Regierung neue Exportmöglichkeiten, vor allem für seine Landwirtschaft. Eine Perspektive, die die EU für ihren südosteuropäischen Beitrittskandidaten nicht vorsieht.

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