mercredi 27 août 2014

Ein Antidot gegen prodeutschen Geschichtsrevisionismus (9)

STIMME RUSSLANDS, 26.8.2014:

"Der Westen betrachtet Litauen, Lettland und Estland als Vorposten gegen Russland. Diese drei Länder sprechen von einer langjährigen „sowjetischen Besatzung“, obwohl das im Sinne des Völkerrechts formal nicht stimmt: Die sowjetischen Truppen waren 1940 auf Zustimmung der damaligen Staatsführungen dort eingerückt. Trotzdem forderten die postsowjetischen baltischen Staaten von Russland eine Entschädigung.

Die Baltische Versammlung verabschiedete am 19. Dezember 2004 eine Resolution „Zur Notwendigkeit der Bewertung des Schadens für die baltischen Staaten durch die Besatzung“. Im Wortlaut hieß es unter anderem: „Die Besatzung hat der Wirtschaft, dem Bildungswesen, der Kultur und der Intelligenz der baltischen Staaten einen riesigen Schaden zugefügt. Deswegen sind die baltischen Staaten im Vergleich zu ihren europäischen Nachbarn deutlich zurückgeblieben.“ Die Regierungen in Riga, Tallinn und Vilnius wurden in der Resolution aufgerufen, Verhandlungen über Schadenersatz mit Russland und Deutschland zu initiieren.

Wollen wir die Situation möglichst unvoreingenommen betrachten. Anfang der 1990er Jahre scherzten die baltischen Nachbarn, Litauen habe sich während der Besatzung auf die künftige Unabhängigkeit bestens vorbereitet. Das Land hatte die besten Autostraßen in der Sowjetunion, eine große Ölraffinerie, einen ausgezeichneten Hafen, eine effiziente Verkehrs-Infrastruktur und ein modernes Atomkraftwerk. Im Jahr 1997 behauptete Litauen jedoch, einen Schaden in Höhe von insgesamt 286 Milliarden US-Dollar während der Sowjetzeit erlitten zu haben, und forderte von Russland Schadenersatz. Später wurde diese Forderung auf 20 Milliarden reduziert. Im Jahr 2011 war dann von 834 Milliarden Dollar die Rede. Russland müsse Litauen noch für den Stopp des Atomkraftwerks Ignalina entschädigen, hieß es damals in Vilnius. Dieses Argument sah übrigens ziemlich bizarr aus. Die Sowjetunion hatte dieses AKW einst gebaut und den Litauern dann faktisch geschenkt: Nach dem Zerfall der UdSSR war das Kernkraftwerk völlig funktionsfähig. Später stoppte Litauen das AKW auf Forderung der EU und musste seitdem Strom importieren.

Dabei hatte die litauische Hauptstadt Vilnius vor 1939 zu Polen gehört. Zu jenem Zeitpunkt wurde sie auch von England, Frankreich, Italien und Japan als polnische Stadt betrachtet, nur die Sowjetunion hielt Vilnius für ein litauisches Territorium. Der einzige litauische Hafen Klaipeda (Memel) war damals im deutschen Besitz. Erst nach dem Einmarsch der Roten Armee bekam Litauen die Städte Vilnius und Memel zurück – genauso wie seine südöstlichen Gebiete, die zuvor zu Weißrussland gehört hatten.

Auch Estland forderte nach dem Zerfall der Sowjetunion eine Entschädigung für die „Besatzung“. Die estnischen Abgeordneten verabschiedeten 1990 eine Unabhängigkeitserklärung. Die estnische Akademie der Wissenschaften setze eine Kommission ein, um den Schaden zu bewerten. Ein „Weißbuch über die Verluste durch die Besatzungen im Zeitraum zwischen 1940 und 1991“ wurde veröffentlicht. Demnach wurden die menschlichen Verluste von 1940 bis 1941 auf 48.000 beziffert. Die zweite sowjetische Besatzung soll 111.000 Opfer gefordert haben, unter ihnen Erschossene, Flüchtlinge in den Westen und diejenigen, die an Hunger und Krankheiten gestorben waren. Für jeden von ihnen forderte Estland 75.000 US-Dollar (insgesamt rund zwölf Milliarden Dollar). Vier Milliarden Dollar wollte das Land außerdem für den Umweltschaden bekommen. Den wirtschaftlichen Schaden bezifferte Estland auf mindestens 100 Milliarden Dollar. Vello Salo, Leiter der zuständigen Staatskommission, sagte damals, Russland könne solch eine große Summe wahrscheinlich nicht direkt auszahlen, und bot eine Alternative an: „Russland könnte uns beispielsweise das Gebiet Nowosibirsk zur Verfügung stellen, damit wir dort innerhalb eines gewissen Zeitraums Holz einschlagen“ (Zitat aus dem Buch „Der Genozid-Mythos. Repressalien der sowjetischen Behörden in Estland 1940 bis 1953“ von Alexander Djukow).

Lettland war mit seinen Forderungen weniger aktiv. Im Jahr 1996 verabschiedete das nationale Parlament eine Erklärung „Zur Besatzung Lettlands“. Es forderte dabei zwar keine Entschädigung, rief alle Länder und internationalen Institutionen aber dazu auf, die sowjetische Besatzung als Fakt anzuerkennen und Lettland „politisch und wirtschaftlich“ dabei zu helfen, die Konsequenzen dieser Okkupation zu bekämpfen. 2005 kam dann eine weitere Erklärung zustande, die das „totalitäre kommunistische Besatzungsregime“ in Lettland verurteile. Als Rechtsnachfolger der Sowjetunion trage Russland „moralisch, rechtlich und finanziell die Verantwortung für die in Lettland begangenen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und für den Schaden, der dem lettischen Staat und seinen Bewohnern infolge der rechtswidrigen Aktivitäten zugefügt wurde“, hieß es. Eine zuständige Kommission bezifferte den Schaden auf 18,5 Milliarden US-Dollar einschließlich der Umweltschäden durch sowjetische Industriebetriebe und Militärstandorte. Lettland kalkulierte auch, wie sein Bruttoinlandsprodukt gestiegen wäre, hätte die Republik nicht zur Sowjetunion gehört. Das mögliche Wachstumstempo wurde dabei mit Finnland, Österreich und Dänemark verglichen. Daraus hätte ein zusätzliches BIP in Höhe von jeweils 231, 277 oder 335 Milliarden Dollar resultieren können, so der Kalkül.

Geschichtliche Rückblicke können aber auch anders sein. Man könnte die Letten, die Esten und die Litauer beispielsweise darauf aufmerksam machen, wie der russische Zar Peter I. sie einst samt Land bei der schwedischen Königin Ulrika Eleonora gekauft und ihnen Freiheit gewährt hatte. Der Friedensvertrag von Nystad aus dem Jahr 1721 bescheinigte den Nachkommen des Zaren und den Erben des russischen Staates einen „ewigen Besitz“ an Livland, Estland und Ingermanland sowie an einem Teil Kareliens. Für diese Länder zahlte Russland an Schweden rund 56 Tonnen Silber in Münzen. Nach dem heutigen Kurs wären das rund 350 Milliarden US-Dollar. Soll Russland nun von den baltischen Staaten eine Entschädigung fordern, weil sie seit Jahren auf dem russischen Territorium existieren?

Der sowjetische Präsident Michail Gorbatschow forderte übrigens als Gegenleistung für Litauens Unabhängigkeit, Klaipeda an Russland abzutreten und 21 Milliarden an Russland zu zahlen. Das berichtete die Onlinezeitung Lenta.ru unter Berufung auf einen freigegebenen Bericht des schwedischen Generalkonsuls in Leningrad, Dag Sebastian Alander. Es ist nichts Persönliches, nur das Geschäft."

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