lundi 25 août 2014

Ein Antidot gegen prodeutschen Geschichtsrevisionismus (7)

ND, 23.8.2014:

"Vor kurzem bat mich ein verehrter Kollege, selbst gelegentlich Gast linker Podien und Lesebühnen, ihm zu erklären, was genau denn das Adjektiv »antideutsch« bedeute; einige ehrenwerte Leute seien schwer bemüht, ihm dieses Wort anzuhängen, andere wiederum warnten ihn vor ebensolcher Vereinnahmung. Ich gab mir redlich Mühe, wurde historisch, verwies auf die Irakkriege, die Nachwendezeit, diverse neue Strömungen in der Linken, merkte dann selbst, wie wenig sich all die zum Beispiel Aufgeführten unter einen Hut bringen ließen, und brachte es dann auf den hilflosen Merkspruch: »Wenn man Deutschland immer noch ein bisschen schlimmer findet als Amerika.«

Da musste der Kollege sehr lachen, das sei ja wohl selbstverständlich, dass man Deutschland schlimmer finde als Amerika, immerhin lebe man ja in diesem Land und habe sich allein deswegen schon tagtäglich darüber zu ärgern; ihm fiele im Traum nicht ein, über ein Land, das er nur aus Urlaub, Kino und deutschen Medien kenne, zu Gericht zu sitzen, ob es denn allen Ernstes solche Leute gebe?

Ja, die gibt es, und »antideutsch« ist ihr Stichwort und Erkennungszeichen. Gleich, mit welcher linken oder linksliberalen Weltanschauung man liebäugelt, »antideutsch« darf man auf keinen Fall sein. Was genau »antideutsch« ist, welche Positionen sich unter diesem Begriff sammeln, können einem zwar auch die prodeutschen Ordnungshüter regelmäßig nicht erklären; doch allein in dem Begriff ist schon der Vorwurf impliziert: Wie kann man denn gegen Deutschland sein! Ist nicht die Haltung schon Verrat, Verrat an einem potenziell besseren oder meinetwegen »geheimen« (Stauffenberg) Deutschland?

Mag die gegenwärtige Volksgemeinschaft vielleicht verdorben und dem Faschismus verfallen sein, die Möglichkeit einer besseren wollen sie sich offenhalten, und wem alles Gemeinsamkeits- und Kollektivpathos schon grundsätzlich zuwider ist, der ist für das irgendwie linkere, jedenfalls künftige Deutschland nicht zu gebrauchen, ist Saboteur und Diversant, ein Springer-Knecht, bezahlter Troll. In den allermeisten sich links gerierenden Debatten wird »antideutsch« ganz einfach als Synonym für »geisteskrank« gebraucht, und auch, wenn sich manche im Sinne einer »affirmative action« inzwischen stolz dazu bekennen, bestätigt man dadurch ja nur die Projektion derer, die dem Wahn erliegen, von Berlin aus das Ausland maßregeln zu müssen, gleich unter welcher Fahne. Dieses Wort einfach abzuschaffen, die damit assoziierten Positionen ihrer grundsätzlichen Pathologisierung zu entreißen, damit wäre schon viel gewonnen."

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