mercredi 4 septembre 2013

Justizsoldaten der Verfassungsbrecher: BVerfG propagiert Nichthaftung der BRD für Serbenmord

jW, 4.9.2013:

"Kennen Sie das Völkerrecht? Zugegeben – eine komplexe Frage. International unstrittig ist, daß seine wichtigste Quelle die Charta der Vereinten Nationen und das darin festgelegte Gewaltverbot ist. Ob diese Tatsache und vor allem die daraus resultierenden Schlußfolgerungen auch dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe bekannt sind, darf seit Dienstag bezweifelt werden.

Der Reihe nach: SPD-Altkanzler Gerhard Schröder und sein grüner Außenminister Joseph Fischer haben 1999 das für die deutsche Nachkriegspolitik elementarste Tabu gebrochen, daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf. Sie warfen sich ins Zeug für den von der NATO ohne UN-Mandat, also gegen das Gewaltverbot der UN-Charta vom Zaun gebrochenen Angriff gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, der als »Kosovo-Krieg« in die Geschichtsbücher Eingang gefunden hat. Konkret ging es damals darum, der Terrororganisation UCK militärische Unterstützung für eine Loslösung der mehrheitlich von albanischer Bevölkerung bewohnten Provinz Kosovo vom Staatsgebiet Jugoslawiens zu geben und das Land damit entscheidend zu schwächen. Vorwand für das NATO-Eingreifen war der angebliche Schutz der Zivilbevölkerung des Kosovo. In Wirklichkeit flüchteten Hunderttausende Menschen aus der Provinz gerade vor den Folgen des NATO-Krieges. Zweieinhalb Monate dauerten die massiven Luftschläge des Angriffspaktes gegen jugoslawische Städte, Industrieanlagen, Regierungsgebäude und Infrastruktur. Laut Schätzungen wurden 3500 Menschen getötet und 10000 verletzt.

Zehn Menschen starben am 30. Mai 1999 während eines Volksfestes in der serbischen Kleinstadt Varvarin, als die NATO mit vier Raketen die Brücke über den Fluß Morava zerstörte, 30 weitere wurden verletzt, 17 von ihnen schwer. Kampfjets der Bundeswehr sollen an diesem Angriff nicht beteiligt gewesen sein, befanden sich jedoch ebenfalls im Einsatz.

Überlebende des Angriffs bzw. Angehörige der Todesopfer von Varvarin hatten nach dem Krieg die Bundesregierung vor deutschen Gerichten verklagt und Schmerzensgeld und Schadenersatz verlangt. Vergeblich. Bis hinauf zum Bundesgerichtshof im Jahre 2006 wurden die Klagen von allen Instanzen abgewiesen. Das Landgericht Bonn verhöhnte die Kläger darüber hinaus mit der Aufforderung, unter Androhung einer Zwangsvollstreckung rund 16000 Euro Gerichtskosten an die Bundesrepublik Deutschland zu zahlen.

Einige der Kläger legten 2007 vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde gegen das letztinstanzliche Urteil ein. Nun hat Karlsruhe am Dienstag nach sechs Jahren (!) intensiver Beratung bekanntgegeben, daß die Beschwerden »wegen der Tötung und Verletzung von Zivilpersonen bei der Zerstörung einer Brücke im Kosovo-Krieg mangels Erfolgsaussicht nicht zur Entscheidung angenommen« würden. Es gebe keine allgemeine Regel, »nach der dem einzelnen bei Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht ein Anspruch auf Schadenersatz oder Entschädigung gegen den verantwortlichen Staat zusteht«. Eine Haftung käme nur in Betracht, wenn »deutsche Amtsträger« von den konkreten Umständen des Angriffs Kenntnis gehabt hätten. In NATO-Kriegen, völkerrechtswidrig oder nicht, würden jedoch Informationen jeweils nur den »unmittelbar mit der Operation befaßten Streitkräften« zugänglich gemacht.Die Bundeswehr aber hatte an diesem Tag zufällig andere Brücken zerbombt. So einfach und so zynisch ist die Auslegung des Völkerrechts – jedenfalls auf deutsch."

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