dimanche 31 août 2008

Freiheit ist immer nur die Freyheit des "Israel-Kritikers"


Im Zusammenhang mit der Walser-Bubis-Debatte stellte ich vor knapp zehn Jahren fest, Martin Walsers Paulskirchenrede (1998) sei (seitens selbsternannter Verteidiger des Schriftstellers) zum Anlaß genommen worden, "eine Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit zuungunsten der Juden zu fordern": Kennzeichnend für die "Diffamierungsstrategie [...] gegen jüdische Kritiker an Walsers Rede" sei "die Forderung nach Einschränkung des freien Diskurses bei gleichzeitigem gebetsmühlenhaften Wehklagen über die angebliche Verletzung der Meinungsfreiheit Walsers durch die scharfe Kritik insbesondere von seiten Bubis’". So habe Horst Mahler den Zentralratsvorsitzenden davor gewarnt, sich weiterhin frei zu äußern.

"'Ich spüre die Gefahr, daß durch Ihre unglücklichen öffentlichen Äußerungen - insbesondere durch den unreflektierten Vorwurf des ‘Antisemitismus’ - vorhandene antijüdische Ressentiments zu einer politikmächtigen Stimmung in unserem Land aufgerührt werden.' Durch die Verantwortungslosigkeit eines jüdischen Überlebenden wird also, so Mahler, der Antisemitismus der mit dem 'Antisemitismus'-Vorwurf Konfrontierten 'politikmächtig'. Nachdem er Bubis zum Verzicht auf sein Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit aufgefordert hat, unterstellt Mahler ihm nun, einen notwendigen Diskurs über die Problematik des christlich-jüdischen Verhältnisses zu behindern, weshalb er ihn mahnt, anderen die Meinungsäußerungsfreiheit zu lassen: 'Sir, geben Sie Gedankenfreiheit!' Im Gegensatz zur Freiheit des Marquis von Posa ist die Freiheit Mahlers nicht die Freiheit des Anderen. Was möchte Mahler in einem solchermaßen 'freien' Diskurs zur Sprache bringen? Unter anderem folgendes: 'Schon der Anspruch der Juden, das von Gott auserwählte Volk zu sein, ist notwendig begleitet von Ablehnung der Juden durch die anderen Völker, die sich nach der jüdischen Lehre als ‘nicht auserwählte’ begreifen müssen. Darüber muß man frei reden dürfen."

Nun mag es in der Retrospektive als eher abwegig empfunden werden, in Horst Mahler, der etwas später als Propagandist der NPD hervortreten sollte, einen für den politisch-intellektuellen Diskurs der Bundesrepublik irgendwie relevanten Autor zu sehen. Allerdings sollte hierbei nicht gänzlich außer acht gelassen werden, worauf ich damals verwies: daß der vom Links- zum Rechtsextremisten mutierte Mahler kurz zuvor "von der 'Süddeutschen Zeitung' für respektabel genug gehalten wurde, einen Beitrag über Gerhard Schröder zu publizieren".

Nun, knapp zehn Jahre nach der Walser-Bubis-Kontroverse gilt Mahler (nicht unverdienterweise) als Prototyp eines deutschen Kostümnazis, während sein Demokratie-Verständnis freilich offenbar auch so manchem etablierten Journalisten als durchaus honorabel gilt:

"In Deutschland sind die Grenzen des rechtlich Erlaubten und des sozialmoralisch Erträglichen enger gezogen als in Amerika. Die Redefreiheit ist de iure und de facto geschichtspolitisch beschränkt. Der Antisemitismusvorwurf eignet sich zum moralischen Totschlag. Wer die Beschreibung eines Gegners als eines Antisemiten durchsetzen kann, hat ihn aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen. Das ist zu bedenken, wenn die Richter entscheiden, ob Frau Hecht-Galinski es in der Härte des Meinungskampfes hinnehmen muss, als notorische Antisemitin bezeichnet zu werden." (FAZ, 21.8.2008)

Für (im Sinne einer spezifisch deutschen Freiheit) "zu bedenken" hält Patrick Bahners demnach die Mahlersche Prämisse, daß des Antisemiten Meinungsfreiheit erst dann vollumfänglich garantiert sei, wenn es gelänge, unter Einbeziehung juridischer Mittel den Kritiker mundtot zu machen.

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