In der Tageszeitung junge Welt, deren islampolitische Deklarationen bisweilen den Eindruck vermitteln, man habe es mit einem Hausblatt der Grünen Jugend zu tun, widmet sich Knut Mellenthin dem Phänomen eines "Antimoslemismus". Dieser wird von dem jW-Autor einerseits einem (bundesdeutschen) Mainstream zugerechnet, während ihm andererseits - in einer antiamerikanischen und antiisraelischen "linken" Zeitung - bescheinigt wird, "weit rechts von der offiziellen Politik der USA und Israels" zu stehen.
"Präsident George W. Bush sagte zum Beispiel mehrmals Dinge wie: »Manche nennen es üblen islamischen Radikalismus, andere militanten Jihadismus, wieder andere Islamofaschismus. Wie immer man es nennt, diese Ideologie ist sehr verschieden von der Religion des Islam. Diese Form des Radikalismus beutet den Islam aus, um einer gewalttätigen politischen Vision zu dienen« (Rede am 6. Oktober 2005). Mit dieser Differenzierung ist Bush in den Koordinaten der Antimoslemisten ein »Islamversteher«, ein »Einknicker«, ein »Appeaser«, kurz gesagt ein Wegbereiter des Weltkalifats." (jW, 13.5.2008)
Handelte es sich bei dem US-Präsidenten Bush wenigstens um einen Gegner des Islamismus, so müßten etwa im gegenwärtigen Afghanistan nicht Hindus oder zum Christentum übergetretene Ex-Muslime um ihr Leben bangen, sondern sein Amtskollege Karzai und andere islamistische Staatsterroristen. In der Logik der "jW", die der US-Administration indirekt eine Rolle als Kronzeugin gegen "Antimoslemismus" zugesteht (nach der Devise: "Selbst der Taliban-Bekämpfer Bush nimmt den Islam in Schutz!"), steht ein den Menschenrechten verpflichteter echter Linker wie Günter Wallraff als Kritiker des muslimischen Kommunitarismus in Deutschland rechts von den Nato- und EU-Protektoren eines (re-)islamisierten Kosovo.
Auch die Anti-Antimoslemisten der "jW" kennen keine Parteien mehr, sondern nur noch Verteidiger des "Hauses des Friedens": "Soll es ausgerechnet einem CDU-Politiker, Jürgen Todenhöfer, vorbehalten bleiben, angesichts der antimoslemischen Mainstreamstimmung Anstand und Achtung vor der Menschenwürde anderer zu zeigen?" Welches Verständnis von der Menschenwürde und den Menschenrechten "unbotmäßiger" Afghanen die niedlichen Taliban (und andere traditionalistische Muslime) an den Tag legten (und legen), nachdem sie sich unter dem Beifall Todenhöfers, von Habsburgs und Fischers von sowjetischer "Fremdherrschaft" befreit hatten, ist bekannt. Daß die schwarzen und grünen Streiter gegen den sowjetischen "Imperialismus" dereinst in einem ehemaligen FDJ-Organ als Kämpfer für die Menschenwürde und (potentielle) Bündnispartner der Linken gefeiert würden - und zwar nicht trotz, sondern wegen des anti-modernistischen Sentiments, das sie einst an die Seite anti-sowjetischer "Freiheitskämpfer" trieb und sie heute das Feindbild Islam problematisieren läßt -,gemahnt unwillkürlich an das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Welcher christdemokratische Verächter des "gottlosen" Kommunismus, welcher in die Führungsriege der Fischer-Partei aufgestiegene (ex-)maoistische Gegner des sowjetischen "Sozialimperialismus" hätte die Eile erwartet, mit der prosowjetische "Linke" nach der Selbstauflösung der DDR die Protagonisten der westdeutschen Mainstream-Islamophilie um Aufnahme in ihren Club bitten würden?
In der west-östlichen und lagerübergreifenden Parteinahme für die "feudale Rechte" (Oriana Fallaci), die der traditionale* Islam darstellt, wächst zusammen, was zusammengehört.
* Nichts liegt Mellenthin ferner, als die Verteidigung der Menschen- und Bürgerrechte etwa eines liberalen muslimischen Islamismus- und Multikulturalismus-Kritikers wie Bassam Tibi oder der seitens sunnitischer Traditionalisten als Häretiker angefeindeten Aleviten.
1 commentaire:
Hallo Daniel,
hast du nicht vor vier Jahren in einem Forumsbeitrag auch Jürgen Elsässer noch als "echten Linken" bezeichnet?
Ich bewerte Wallraff in diesem Zusammenhang genauso positiv, aber ich würde die Unterscheidung zwischen echten und unechten Linken vermeiden.
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