mercredi 16 janvier 2008
Serbien: Souveränisten mehrheitsfähig
"Wie würde die Belgrader Regierung reagieren, wenn Albaner und NATO-Soldaten auf Serben schießen? Wird sie den bisherigen Kurs, keinesfalls [in der serbischen Provinz Kosovo-Metohija; Anm. von Daniel L. Schikora] militärisch zu intervenieren, dann noch beibehalten? Dafür steht vor allem die stärkste Regierungspartei, die Demokraten (DS) um Präsident Boris Tadic und Verteidigungsminister Dragan Šutanovac. Der kleinere Koalitionspartner, die Demokratische Partei Serbien (DSS) von Premier Vojislav Kostunica, ist etwas frecher. Dessen Berater Aleksandar Simic hat expressis verbis erklärt, jeder Staat habe das Recht zur Anwendung von Waffengewalt zum Schutz seiner territorialen Integrität.
Im Spannungsfall gebietet jedoch der Verteidigungsrat mit dem Präsidenten über die Armee, de facto also Tadic. Folglich müßte sich der Westen keine Sorgen machen – wären nicht in Kürze Neuwahlen für das höchste Amt im Staat. Dabei werden dem Kandidaten der oppositionellen Radikalen Partei (RS), Tomislav Nikolic, große Chancen eingeräumt. Schon beim letzten Urnengang 2004 zwang er Tadic in den Stichentscheid und unterlag relativ knapp. Aus Empörung über die bevorstehende Amputation des Kosovo könnte ihn dieses Mal die Mehrheit unterstützen. Dann stünde die serbische Armee unter dem Oberbefehl eines Politikers, der für die Einrichtung einer russischen Militärbasis im Land plädiert und dessen Partei in den Kriegen der neunziger Jahre mit einer eigenen Miliz präsent war.
Diese Aussicht bringt den Zeitplan der Sezessionisten durcheinander. Eigentlich wollte der EU-Rat am 28. Januar die Entsendung einer knapp 2000 Mann starken Polizeitruppe ins Kosovo beschließen – gegen den Willen Belgrads und damit völkerrechtswidrig, aber zur Absicherung der Sezession notwendig. Da der 28. Januar aber kurz vor dem entscheidenden zweiten Wahlgang am 3. Februar liegt, würde ein derart provokativer Beschluß Rückenwind für Nikolic bedeuten. Nun soll das Thema vertagt werden. Statt dessen will die EU am selben Tag dem einstigen Schurkenstaat einen Assoziierungsvertrag offerieren und dabei gnädig auf dessen bisherige Konditionierung, die vorherige Auslieferung der als Kriegsverbrecher gesuchten Radovan Karadzic und Ratko Mladic, verzichten. Die EU hofft, daß diese Aussicht Tadic die notwendigen Stimmen bringen wird. Dabei haben die Eurokraten möglicherweise die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Laut Umfragen von Ende Dezember würden drei Viertel der serbischen Bevölkerung lieber auf einen EU-Beitritt als auf das Kosovo verzichten." (jW, 16.1.2008)
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