Abu Bakr Rieger, ein bislang eher als Moderater gehandeltes Vorstandsmitglied des “Islamrates” - einer der muslimischen Vereinigungen, die Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble im Rahmen der Islamkonferenz als Dialogpartner anerkennt - wurde jüngst mit Aspekten seiner politischen Biographie konfrontiert, die das Bild des islamischen Zivilgesellschaftlers in krasser Weise konterkarieren: Ein ins Internet gestelltes Video zeigt den zum Islam konvertierten Deutschen auf einer radikalislamistischen Veranstaltung, die der heutige Herausgeber der Islamische Zeitung durch eine Rechtfertigung der Hitlerschen Judenverfolgung “bereicherte”:
“Es ist das Jahr 1993 oder 1994. Auf einem Banner steht das Jahr 1414 nach islamischer Zeitrechnung - und Rieger ist zu Gast auf einer Veranstaltung zu Ehren des Islamisten Cemaleddin Kaplan. Cemaleddin Kaplan proklamierte 1994 den Kalifatsstaat in Köln.
Jubel brandet Rieger entgegen. Er hebt an: ‘Wir sind eine Gruppe deutscher Muslime und freuen uns, dass wir hier von Euch türkischen Brüdern so freundlich aufgenommen wurden.’
Der Satz, den Rieger dann sagt, ist trotz seiner Unbestimmtheit überdeutlich: ‘Wie die Türken haben wir Deutschen in der Geschichte schon oft für eine gute Sache gekämpft, obwohl ich zugeben muss, dass meine Großväter bei unserem gemeinsamen Hauptfeind nicht ganz gründlich waren.’” (SPIEGEL ONLINE, 1.10.2007)
Um “Schaden von den Muslimen und dem Islam in Deutschland abzuwenden”, erklärte Rieger heute den Rücktritt von seinen Ämtern im Islamrat. Mit ihm verliert die Szene des regierungsoffiziell anerkannten (politischen) Islam eine Figur, die für einen strategischen Schulterschluß der Euro-Islamisten mit jenem Teil der globalisierungskritischen “Linken” stand, die durch die Organisation “Attac” verkörpert wird. Nicht einmal vor der Inanspruchnahme der deutschen Klassik für sein im Kern politisch-romantisches Programm schreckte er zurück:
“Riegler, der heute in öffentlichen Happenings zum „Djihad gegen die Marktwirtschaft” aufruft, hatte schon 1995 von sich reden gemacht, als er in Weimar eine sogenannte „Medina” (eine Art islamische Urgemeinde), gründete und zusammen mit einem Scheich Abdalqadir per Fatwa Goethe zum Muslim erklärte.” (Bahamas 46/2005)
In Reaktion auf das Bekanntwerden des erwähnten Videos strich er heraus, daß Islam und Antisemitismus sich ausschlössen (als ob nicht seine eigenen Auftritte bei dem "Kalifen von Köln" ebenso wie seine Sympathien für "Attac" das Gegenteil belegten!). Er, Rieger, und seine Weggefährten hätten sich - etwa zur gleichen Zeit, als er die mangelhafte Gründlichkeit des nationalsozialistischen Judenmordes bedauerte - als Antifaschisten der Tat erwiesen:
“Als echten Antifa-Einsatz verstehe ich übrigens unseren intellektuellen Einsatz im Bosnienkrieg Mitte der 90er Jahre, ebenso wie unsere journalistische Aufarbeitung des ersten Tschetschenienkrieges oder das Engagement muslimischer Anwälte bezüglich des Schicksals der Uiguren.” (Islamische Zeitung, 1.10.2007)
In dieser Logik könnten freilich auch Himmler und der mit den Nazis kollaborierende Großmufti von Jerusalem, Amin al-Husseini, als echte Antifa-Aktivisten betrachtet werden. Wären sie “erfolgreicher” gewesen, hätten sich Islamisten wie Rieger nicht noch in den 1990er Jahren, echt antifaschistisch, dem Anliegen ihrer bosnischen und tschetschenischen Gesinnungsfreunde, möglichst viele Serben und Russen zu ermorden, widmen müssen.
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