Wie heißt es so schön im Artikel fünf des bundesdeutschen Grundgesetzes? »Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.«
Eine Zensur findet sehr wohl statt. Das überrascht uns nicht, denn Verfassungsanspruch und Verfassungswirklichkeit klaffen in der Bundesrepublik Deutschland oft weit auseinander. Und nicht selten werden jene, die dies anprangern, vom Verfassungsschutz beobachtet und verfolgt. Einen besonders dreisten Fall von Zensur musste nun der Verlag 8. Mai GmbH, in dem die Tageszeitung junge Welt erscheint, erleben.
Hintergrund ist, dass der weltweit geachtete Revolutionär Fidel Castro am 13. August 90 Jahre alt wird. Anlass für Leserinnen und Leser der Tageszeitung junge Welt, dem Mann für seine hervorragenden Leistungen für Frieden und soziale Gerechtigkeit zu danken. Dafür buchten sie über das Aktionsbüro der jungen Welt bei einem bundesweit tätigen Werbeunternehmen 76 Großflächenplakate in 20 deutschen Städten und weitere 70 Flächen in 21 Städten in der Schweiz. Auf dem Plakat ist ein Seitenprofil von Fidel Castro zu sehen, eine Aufnahme des Fotografen Roberto Chile aus Kuba. Daneben stehen die Worte »¡Viva Fidel!« sowie eine rote 90. »Signiert« ist das Großplakat mit den Logos der überregional erscheinenden Tageszeitung junge Welt, der Kuba-Solidaritätsgruppe BRD–Kuba, der Freundschaftsgesellschaft Schweiz–Kuba und des Netzwerks Kuba, eines Zusammenschlusses aller deutschen Kuba-Soligruppen. Insgesamt kostete diese Buchung über 20.000 Euro, finanziert wird sie durch Spenden.
Ein Teil dieser Plakate darf nun aber nicht aufgehängt werden: Die Deutsche Bahn als Eigentümerin einiger der Werbewände, die in Bahnhöfen stehen, lehnt es ab, die gebuchten Plakate zuzulassen – obwohl ihr bereits seit Mai deren Botschaft bekannt war. Trotz Protesten blieb die Deutsche Bahn, ein privatrechtlich organisiertes Staatsunternehmen, bei ihrer Ablehnung. Begründung: »Auch wenn es sich um eine Geburtstagsgratulation handelt, so beinhaltet diese doch auch eine politische Aussage. Zur Wahrung der politischen Neutralität kann das Motiv nicht freigegeben werden.«
Politisch neutral ist nach dieser Logik nur der, der in jeder Beziehung die offizielle Meinung der hiesigen Wirtschaftskräfte und ihres politischen Personals teilt. Denn dass etwa eine Werbung der CDU in Wahlkampfzeiten von der Deutschen Bahn abgelehnt wurde, weil dadurch das politische Neutralitätsgebot der Bahn verletzt werde, ist nicht bekannt.
Gegenwärtig sind wir auf der Suche nach Ersatzflächen. Die richtige Antwort auf diese Provokation kann nur lauten: Lasst uns noch ein paar Plakatwände zusätzlich buchen! Spenden für die Aktion werden noch gerne entgegengenommen.
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