jeudi 17 juillet 2014

Informationspolitik für Deutsch-Europa (17)


„Statt religiöse Gewalt grund­sätzlich zu verurteilen, neigen westliche Beobachter leider dazu, sich in theologische Debatten darüber zu verstricken, wem eine umstrittene 'heilige' Stätte 'wirklich' gehöre, und sich ganz auf die Seite einer der beiden streitenden Religionen zu schlagen. Im Fall des zwischen Juden und Moslems umstrittenen Tempelbergs in Jerusalem etwa unterstützt der Mainstream den Exklusivitätsanspruch der Moslems (Juden, die dort still beten wollen, werden in deutschen Medien häufig als 'Provokateure' oder 'Radikale' bezeichnet).

Im Fall Ayodhya gibt es eine ähnliche Tendenz. Beispielhaft dafür ist ein gerade erschienenes Buch des Journalisten Dominik Müller, der immer wieder als Indien-Experte zu Wort kommt. Er zitiert einen 'renommierten Historiker', der meint, daß Babur, der Begründer des indischen Mogulreichs und Bauherr der Moschee, ganz bestimmt keine Tempel zerstört habe, da er eine 'tolerante Haltung gegenüber anderen Religionen' gehabt habe. Babur hat uns allerdings Memoiren hinterlassen (das Baburnama), in denen er selbst schreibt, wie er die 'Ungläubigen tötet', Kriegsgefangenen die Köpfe abschneiden und diese zu Haufen auftürmen läßt. Nicht sehr tolerant. Auf derselben Seite zitiert Müller einen 'Hindu-Nationalisten', der sagt, daß die islamischen Eroberer 'getötet, gefoltert, vergewaltigt und geheiligte Hindu-Stätten völlig zerstört' haben. Diese historische Tatsache nennt Müller 'manipulierte Geschichts­schreibung'.

Ein weiteres Beispiel für die einseitige Sicht auf den Konflikt zwischen Hindus und Moslems, die in Deutschland verbreitet ist, sind Müllers Ausführungen über das Pogrom von Gujarat (dem Bundesstaat, in dem Modi bislang Gouverneur war), das Hindus am 28. Februar 2002 in der Hauptstadt Ahmedabad an Moslems verübt haben. Müller beschreibt es wahrheitsgemäß und ausführlich. Diese Gewissenhaftigkeit läßt er aber vermissen, wenn er den Auslöser nennt, einen Angriff auf Hindu-Pilger am Tag zuvor. Den erwähnt er nur in einem Halb­satz: Die Hindus fingen an zu marodieren, so Müller, 'nachdem ein Zugwaggon mit Hindutwa-Pilgern nach einer Attacke von Muslimen ausgebrannt war'. Die Hauptsache fehlt: Es war nicht bloß ein Waggon, der aus­brannte, es waren Menschen, die am 27. Februar 2002 in jenem Zug verbrannt wurden, 59 an der Zahl, darunter 15 Kinder. Das sollte man doch erwähnen.

Islamische Terroristen wie die, die 2008 in Mumbai 150 Menschen ermordeten und dabei gezielt nach Juden suchten (die sie vor der Hinrichtung folter­ten), sind für Müller bloß 'in der Wahrnehmung der Regierung' eine Bedrohung. Sein Buch wurde übrigens von zahlreichen deutschen Stiftungen gefördert, unter anderem von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und von Brot für die Welt / Evangelischer Entwicklungsdienst.“

(Stefan Frank, Modi operandi, in: KONKRET 7/2014, 36 f.)

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